los geht's vor unserer beliebten Stollenschänke
Frischglück
Königlich württembergisches Eisenerzbergwerk
Der Rundgang erstreckt sich über drei Sohlen und führt Euche zu vielen beeindruckenden Sehenswürdigkeiten, von denen wir nun ein paar wenige herausgreifen werden.
Wir werden einen großen Abbau (Weitung) befahren von 60 Metern Ausdehnung und 30 Metern Höhe. Gehen über eine Wendeltreppe bis zu einer freitragenden Plattform, von der sich Euch ein faszinierender Anblick bietet.
Ihr werdet über einem alten Fahr- und Haspelschacht stehen und in eine Tiefe von 30 Metern blicken.
Euer Weg führt Euch weiter zu mineralienreichen Ganggesteinen, die in ihrer Vielzahl ein naturgetreues Bild der ursprünglichen Gangfüllung zeigen.
Die Frischglückgrube vermittelt dem Besucher in ihrem heutigen Zustand ein originalgetreues Bild der Abbautechnik vergangener Jahrhunderte. Sie ist in ihrer jetzigen Form somit ein Denkmal der alten Arbeitswelt unter Tage.
... und das ist noch lange nicht alles!
Virtuelle Befahrung
von damals und heute
Geschichtliches zum Bergwerk
Die Geschichte des Eisenerzabbaues im Neuenbürger Revier reicht bis in die Zeit der Kelten zurück....
Aufmerksame Wanderer stoßen bei ihren Ausflügen in die Wälder um Neuenbürg gelegentlich auf tiefe Mulden, Gräben oder Gesteinshalden mit Schwerspat und Eisenerzstücken. Diese Veränderungen im Gelände und Flurnamen wie "Eisenwald", "Eisenertann" oder "Erzwasch" lassen erkennen, daß es sich hier um ein ehemaliges Bergbaugebiet handelt.
Die Geschichte des Eisenerzabbaues im Neuenbürger Revier reicht bis in die Zeit der Kelten zurück. Auf dem Schloßberg in Neuenbürg wurden Eisengeräte und Schlacken gefunden, die von einer Früh-La-Thène-zeitlichen Keltensiedlung stammen. Danach waren die Eisenerzvorkommen schon im 5. Jhdt. v. Chr. bekannt. Die Vermutung, daß im damals noch weitgehend unbesiedelten Waldgebiet weitere kleinere Eisenschmelzen zu finden sind, wurde 1995 durch Funde keltischer Rennfeueröfen und Eisenerzschlacken unweit des Frischglück-Bergwerkes bestätigt.
Demnach wurde schon vor 2600 Jahren in der Umgebung Neuenbürgs Eisen gewonnen.
Von 1976 an wurde das Grubengebiet nach bergbaulichen Gesichtspunkten abgesucht, wobei man alsbald fündig wurde.
Die Neuenbürger Arbeitsgemeinschaft hatte inzwischen weitere historische Quellen entdeckt und erste Bilderserien erstellt, sodaß am 2. März 1978 mit einem Diavortrag die erste öffentliche Veranstaltung abgehalten werden konnte.
1790 entzog die württembergische Herrschaft dem badischen Hochofenwerk in Pforzheim die Gruben und übernahm sie nach zwischenzeitlicher Verpachtung an eine Calmbacher Betreiberfirma schließlich in eigene Regie.
Die Bergwerke waren jetzt zwar württembergisch, das Eisenerz mußte nun jedoch in das 60 km entfernte Friedrichstal transportiert werden, um es zu verhütten.
1804 wurde auf Veranlassung des Kurfürsten Friedrich der Versuch zur Stahlerzeugung unternommen. Das Neuenbürger Erz war durch seinen hohen Mangangehalt und geringen Gehalt an Schwefel sehr geeignet. Der "Neuenbürger Stahl" kam in seiner Qualität dem englischen gleich - damals dem besten der Welt.
Es kam zu einer neuen Blüte des Eisenerzbergbaues, in deren Verlauf der spätere württembergische König Friedrich "...seine Churfürstliche Durchlaucht sich dazu bequemte in der Oberramtei Neuenbürg abzusteigen um am 6. Juni 1805 schon in der Frühe sich in die Bergwerke daselbst zu verfügen und höchstselbst den Stollen im sogenannten Schnaizteiche 80 und etliche Lachter weit zu befahren."
Ein Gedenkstein dieses Großereignisses ist noch heute beim Frischglück-Bergwerk zu sehen.
Der aus heimischem Erz gewonnene Stahl wurde später auch in der inzwischen gegründeten Neuenbürger Sensenfabrik "Haueisen & Sohn" zu Sicheln und Sensen verarbeitet. Die Firma war Marktführer in Deutschland.
Eine andere Firma produzierte aus dem Neuenbürger Stahl Ofenplatten und Bügeleisen.
In den Jahren 1868 bis 1869 kam der Bergbaubetrieb in seiner Gesamtheit aufgrund der geringerwerdenden Vorkommen zum Erliegen. Die Hochofenwerke in Pforzheim und Friedrichstal waren schon 1859 bzw. 1868 geschlossen worden. Die technische Entwicklung Mitte des 19. Jahrhunderts machte den Eisenerzbergbau im Schwarzwald unwirtschaftlich, zumal zu den Hochöfen billiger hereingewonnene Erze aus Schweden herangebracht wurden.
Zwischen 1720 und 1868 wurden in den ungefähr 60 größeren und kleineren Bergwerken im Neuenbürger Revier ca. 100.000 Tonnen reines Eisenerz abgebaut. In der Hochblüte des Neuenbürger Eisenerzbergbaues verdienten bis zu 38 Bergmänner in den Gruben (auch in der Frischglück Grube) ihr täglich Brot.
Neues Leben im alten Grubenrevier
Die Aufwältigung
wie aus einer einfachen Idee eine gewaltige Herausforderung wurde.....
Mitte der 70er Jahre fand sich am Neuenbürger Gymnasium eine Gruppe von Lehrern, Schülern und Angestellten zusammen, die sich, zunächst als Mineralienfreunde, für die Besonderheiten der näheren Heimat interessierten und daher mehr über den alten Bergbau zu erfahren suchten. Ihnen schlossen sich bald Gleichgesinnte aus Stadt und Umgebung an, und im ehemaligen Grubenrevier regte sich allmählich neues Leben.
Bald zeigte sich auch, daß der eine oder andere Schulmann oder heimatgeschichtlich Interessierte einiges aus der Vergangenheit aufgeschrieben hatte oder zu erzählen wußte. Wertvolle Informationen fanden sich außerdem in Fachbüchern und Archiven.
Von 1976 an wurde das Grubengebiet nach bergbaulichen Gesichtspunkten abgesucht, wobei man alsbald fündig wurde.
Die Neuenbürger Arbeitsgemeinschaft hatte inzwischen weitere historische Quellen entdeckt und erste Bilderserien erstellt, sodaß am 2. März 1978 mit einem Diavortrag die erste öffentliche Veranstaltung abgehalten werden konnte.
Schon 1977 war nach alten Plänen bei der "Barbara-Kapelle" nach dem legendären "Friedrichstollen" gegraben worden, den 1804 der spätere König Friedrich von Württemberg "achzig und etliche Lachter höchstpersönlich befahren" hatte. Das Ziel wurde nicht erreicht, der Stollen bis heute nicht gefunden.
Daraufhin grub man nach den Eingängen der Grube Christian im Schnaizteich und diesmal mit mehr Erfolg: am 5. April 1978 war am unteren Stollenmund C der Durchbruch geschafft. In der Folge konzentrierte sich die Arbeit auf die Erforschung und den weiteren Ausbau des Christianstollens. Ein 20m hoher Schacht, der zur Verbindungsstrecke des Friedrichstollens führte, war mit Versatz gefüllt und mußte ausgeräumt werden. Tatsächlich stieß man nach einiger Zeit auf die Verbindungsstrecke, aber die Freude wich bald herber Enttäuschung: Auch diese Strecke war verfüllt und stand sogar teilweise unter Wasser.
In einer Sitzung am 24. März 1979 beschlossen die Aktiven der ARGE Bergbau, von den Schnaizteichgruben zur Grube Frischglück überzuwechseln, weil man sich dort günstigere Bedingungen für den Ausbau eines Besucherstollens erhoffte. Am 4. April 1979 begannen die Aufwältigungsarbeiten an der Frischglückgrube. Am 12. Mai 1979 wurde das Mundloch der unteren Sohle geöffnet. Was nun zum Vorschein kam, übertraf die Erwartungen aller Beteiligten: Die Frischglückgrube war auf drei Sohlen begehbar, mitsamt den verbindenden Schächten und einer enormen Weitung zwischen der unteren und der mittleren Sohle. An vielen Orten standen und stehen heute noch herrliche Erze an, welche bei den Führungen bewundert werden können.
Die Frischglückgrube wurde am 30. März 1985 als Besucherbergwerk für den öffentlichen Publikumsverkehr zugelassen und eröffnet.
Mineralogie und Geologie
des Neuenbürger Bergbaureviers - Geologische Situation
Eine kleine Abhandlung der geologischen Situation in Neuenbürg verdeutlicht warum hier Bergbau betrieben wurde....
Der Buntsandstein bildet im Neuenbürger Revier eine recht einheitliche Folge von roten Sandsteinen. Der ursprünglich über dem Buntsandstein liegende Muschelkalk ist im gesamten Neuenbürger Revier bis auf wenige Inseln im Südosten abgetragen. Unter dem Buntsandstein folgen geringer mächtige Schichten permischer Gesteine (Rotliegendes) und noch tiefer Granite und Gneise des Grundgebirges. Die nordöstlichen, über Tage aufgeschlossenen Grundgebirgsvorkommen finden sich im Eyachtal und bei Wildbad.
Geländeformen im Bereich des Buntsandsteins werden fast ausschließlich durch die unterschiedliche Verwitterungs-Beständigkeit der einzelnen Schichtglieder des Buntsandsteins hervorgerufen. So sind die flachen Plateaus der Berge zwischen den großen Tälern durch die leichte Verwitterungsbeständigkeit der obersten Buntsandsteinschichten. der Röttone bedingt. Dagegen lassen die tieferliegenden, harten Sandsteinschichten nur ein langsames Fortschreiten der Abtragung zu, wodurch steile Bergflanken im unmittelbaren Bereich der Täler erzeugt werden. Bergbau ging nur in einem sehr begrenzten Abschnitt des Buntsandsteins um. Er reichte von den Röttonen (bei Langenbrand) bis ins obere Drittel des Mittleren Buntsandsteins (Schnaizteich bei Neuenbürg) hinab.
Aufällig ist, daß die meisten Gänge des Neuenbürger Reviers in Oberflächennähe abbauwürdig waren, ihr Erzreichtum jedoch oft bereits in geringer Tiefe rasch nachließ. Da der Bergbau noch tiefer vorgedrungen ist, lassen sich auch keine Aussagen über die Ausbildung und Erzführung der Gänge in tieferen Schichten machen. Doch ist nach Vergleichen mit ähnlichen Gängen im Schwarzwald zu vermuten, daß dort Baryt, insbesondere aber Fluorit und Quarz, auf Kosten des Siderits zunehmen. Es ist aber auch möglich, daß viele Gänge unterhalb der abgebauten Eisenerzmittel gänzlich vertauben. Nur die Gänge Heiligenwald, Reutbach, Rittberg und Käfersteige führen in oberflächennahen Bereichen Flußspat. Die Mächtigkeiten der Gänge sind recht verschieden. Sie betragen zwischen 0 und maximal 4 Meter, wobei auch innerhalb eines Ganges große Mächtigkeitsschwankungen beobachtet werden. Ausnahme sind die Gänge Rittberg und Käfersteige mit 4 bis 20 m Gangmächtigkeit, die auch in anderen Punkten stark von den übrigen Neuenbürger Gängen abweichen, weshalb sie hier nicht näher behandelt werden. Die meisten Gänge stehen seiger (senkrecht) im Berg und streichen (verlaufen) in Nordwest-Südost- Richtung.
Tektonik und Entstehung der Neuenbürger Ganglagerstätten
KIuftbildung und erste Mineralabscheidung
Zu welcher Zeit die Kluftbildung tatsächlich begann, läßt sich nicht sicher rekonstruieren. Doch scheinen wesentliche Aktivitäten erst in der Folge tektonischer Großbewegungen, wie der Oberrheingraben-Einsenkung im Tertiär (vor etwa 15 Mio. Jahren), eingesetzt zu haben. Durch die nun ablaufenden gigantischen Scherbewegungen der Gebirgsteile wurden die Kluftwände oft völlig glattgeschliffen. Solche ,,Harnische'' lassen sich manchmal über weite Strecken verfolgen. Nachdem sich die Klüfte in der Folge schneller öffneten, stürzten Gesteinsbrocken hinein und verkeilten sich an Engstellen. Außerdem war nun genügend Raum geschaffen, damit heiße, wässrige (hydrothermale) Lösungen unterschiedlicher Zusammensetzung aufsteigen und in der Tiefe gelöste Mineralsubstanzen im oberen Kluftbereich abscheiden konnten. In oberflächennäheren Schichten kühlen die mineralhaltigen Wässer ab und können somit weniger Mineralsubstanz in Lösung halten. Die Folge ist, daß sich Minerale in Form von Kristallen aus der übersättigten Lösung ausscheiden. Zu diesen ,,primären'' Gangmineralen gehören Baryt, Siderit, Rhodochrosit, Fluorit, Quarz, Kupferkies und Hämatit (als Eisenglanz). Siderit und Baryt lagerten sich bevorzugt um in den Gängen steckende Sandsteinbrocken ab, wobei sie diese lagig umkrusteten. So entstanden ,,Kokardenerze''. Auch nach der primären Mineralabscheidung wurden einige Gänge nochmals von Gebirgsverschiebungen betroffen, jetzt aber etwa rechtwinklig zur Richtung der vorhandenen Klüfte. Dadurch sind diese Gänge an den Kreuzungen der älteren und jüngeren Kluftsysteme abrupt abgeschert und manchmal um mehrere Meter linksseitig verschoben. Die beschriebenen tektonischen Erscheinungen können allesamt sehr augenfällig in der Frischglückgrube studiert werden.
Entstehung der heutigen Gangfüllung
Bedingt durch die Hebungsvorgänge und damit verbundener, stärkerer Abtragung wurden die mineralisierten Spalten für sauerstoffhaltige und deshalb oxidierende Oberflächenlösungen (Tagwässer, Grundwässer) zugänglich. Einige der gegen diese Einflüsse nicht mehr stabilen Minerale wandelten sich in andere um, die den neuen Bedingungen standhalten. Die heute in den Neuenbürger Brauneisen-Barytgängen vorliegenden Mineralvergesellschaftungen entsprechen demnach nur noch zu einem Teil dem ursprünglichen Bestand. So entstanden bei der ,,Unterwasser-Verwitterung'' von Siderit die unterschiedlichsten Goethit-Varietäten, in der Hauptsache derbes Brauneisen und Brauner Glaskopf. Außerdem ging aus dem Siderit der Psilomelan hervor, dessen prozentualer Anteil in den Gängen etwa dem Mangangehalt des ehemaligen Siderits entspricht. Eingelagert in die Hohlräume der Gänge findet sich ein feinstkörniges Gemenge von Glimmer, Quarz, Hämatit, Kalifeldspat und etwas Kaolinit, das einen zähen, rotbraunen ,,Letten'' (Ton) bildet. Der Ton führt häufig zerriebenen Baryt und Sandsteinbruchstücke. Dieser "mineralische Schmirgel'' ist in Verbindung mit tektonischen Scherbewegungen für die glattgeschliffenen Harnischflächen der Gänge verantwortlich.
Die Mineralien der manganhaltigen Brauneisen-Baryt-Gänge
Die Mengenanteile der auftretenden Minerale variieren sowohl von Gang zu Gang als auch innerhalb der Gänge beträchtlich
Hauptminerale sind:
Baryt, BaSO4
Goethit Alpha-FeOOH
Psilomelan (H2O,Ba>K>Na>Ca)<2Mn8O16
MnO2
Quarz SiO2
Als Nebenbestandteile vieler Gänge oder konzentriert in bestimmten Bereichen einiger Gänge finden sich:
- Hämatit, Alpha-Fe2O3
- Lepidokrokit, Gamma-FeOOH
- Pyrolusit, ß-MnO2
- Siderit, FeCO3
- Fluorit, CaF2
Spurenweise sind von wenigen Gängen bekannt geworden:
- Hollandit, Ba(Mn4+, Mn2+)8O16
- Kupferkies, CuFeS2
- Rhodochrosit, MnCO3
- Gorceixit, BaAl3H(OH)6(PO4)2
- Malachit, Cu3(OH)2Co3
- Azurit, Cu3(OH/CO3)2
- Covellin, CuS
Besondere Fundstücke
Manchmal findet sich ein ganz besonderes Stück. Hier ein paar Bilder unserer schönsten Funde...
Keltische Eisenherstellung um Neuenbürg
Archäologische Forschungsgrabungen im oberen Schnaizteich
kaum zu glauben aber es gibt tatsächlich spektakuläre Erkenntnisse über die Eisenverhüttung der Kelten hier in Neuenbürg....
Neuenbürg war ein bedeutendes "Industriezentrum" in vorchristlicher Zeit. Es wurden in den letzten Jahren hier spektakuläre Erkenntnisse über die Eisenverhüttung der Kelten von ca. 600 bis 300 Jahre vor Christus gemacht.
Weitere Forschungen bezüglich des Siedlungsplatzes sollen folgen!
Ausgrabungen bei Neuenbürg
Was Archäologen aufgrund von 1995/96 erfolgten Grabungen im Keltengebiet des oberen Schnaizteichs bei Waldrennach vage vermutet hatten, ist wissenschaftliche Wirklichkeit geworden: Dort befand sich 500 Jahre vor Christus das wohl bedeutendste eisenverarbeitende Zentrum der Kelten im mitteleuropäischen Raum. Aufgrund der damals gesicherten Funde, darunter ein gut erhaltener Kuppel-Rennfeuerofen, war für den Grabungsleiter Dr. Guntram Gassmann klar, dass das alte Neuenbürger Bergbaurevier mit dem Schwerpunkt bei Waldrennach in vorchristlicher Zeit zu den größten Eisenerzvorkommen und Eisenverhüttungsplätzen nördlich der Alpen gehört haben musste.
Nun kamen - während der neuerlichen Forschungsgrabungen im selben Bereich im oberen Schnaizteich - die neuen spektakulären Erkenntnisse hinzu. Im Beisein von Dr. Günther Wieland, dem zuständigen Gebietskonservator vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Außenstelle Karlsruhe, gab Dr. Gassmann als kompetenter Keltenspezialist zu verstehen, dass mit derart bedeutenden Erkenntnissen am Beginn der Grabungen nicht gerechnet werden konnte. Umso mehr ist deshalb bei ihm die Freude groß, dass es gelungen ist, die 2500 Jahre zurück liegende Geschichte des Eisens auf dem heutigen Neuenbürger Stadtgebiet weiter aufzuhellen.
Nach seinen Grabungen vor acht bzw. neun Jahren hat er sich nun zusammen mit Dr. Günther Wieland von der zuständigen Denkmalbehörde im oberen Schnaizteich weitere Stellen vorgenommen, welche damals unberücksichtigt bleiben mussten. Dr. Gassmann und seine drei Grabungshelfer sind daraufhin tagtäglich auf keltische und auch andere Funde gestoßen, wie es zuvor nicht für möglich gehalten wurde. "So eine bedeutungsvolle Situation ist mir" - sagte Guntram Gassmann wörtlich - "noch nirgendwo vorgekommen, auch nicht auf der Schwäbischen Alb". Und Dr. Günther Wieland fügte hinzu: "Wir haben es hier mit dem wichtigsten Eisenerzzentrum in ganz Süddeutschland und darüber hinaus zu tun". Er ist mit Dr. Gassmann der Auffassung, dass die Kelten zu ihrer Zeit alles sehr systematisch angelegt und somit das - bislang bekannte - größte "Industrie"-Gebiet unterhalten hatten.
Metallurgie
(Spektrum der Wissenschaft 11/2014) "Dem Eisen auf der Spur" Besondere Isotope und chemische Analysen verraten nun, welche Wege Erz und Metall einst nahmen.
Den Rennöfen entnahm man die so genannte Luppe, einen festen Eisenschwamm, der immer noch Schlackenreste enthielt. Schmieden bei 900 bis 1300 Grad Celsius verdichtete den Schwamm und verschweißte ihn. Für die Herkunftsanalyse bieten die Verhüttung im Rennofen und die Weiterverarbeitung in der Schmiede einen großen Vorteil: Auf Grund der niedrigeren Temperaturen im Vergleich zum Hochofen enthielten die resultierenden Werkstoffe nämlich weiterhin vergleichsweise viele maximal einige hundert Mikrometer große Einschlüsse von Schlacke. In dieser finden sich Elemente der Gangart wie Aluminium, Silizium, Kalzium oder Titan sowie Spurenelemente, etwa Seltene Erden. Die Verhältnisse zueinander entsprechen denen des ursprünglichen Erzes und eignen sich daher als chemische Signatur zur Herkunftsgestimmung.
Ein aufwändigeres, dafür aber noch empfindlicheres Verfahren vergleicht die Isotopenverhältnisse des seltenen Edelmetalls Osmium in Erz und Eisen. Damit ließ sich vor Kurzem eine Verbindung zwischen dem keltischen Hochdorf und Verhüttungsplätzen in Neuenbürg/Nordschwarzwald nachweisen. Experimente in Neuenbürg mit originalgetreuen Nachbauten der Kuppöfen und dem dort vorkommenden Erz bestätigten, dass die Osmiumisotopenverhältnisse des Erzes in das produzierte Eisen übergehen. Gleichzeitig wiesen alle archäologischen Luppen des Fundorts die Signatur der dortigen Erze auf. Des Weiteren wurden diese auch an einer Stahlluppe aus Hochdorf und einigen Eisenobjekten von dort ermittelt. Neuenbürger Eisen wurde also tatsächlich über größere Strecken transportiert. (Autoren: Roland Schwab, Philippe Dillmann)
Keltische "Hightechregion"
Denn gerade die Systematik und die damit verbundene methodische Anordnung der Verhüttungsanlagen spreche für eine zentrale Organisation. Ein Beispiel: Im oberen Bereich des umfangreichen und mehr als 50 Rennfeueröfen umfassenden Grabungsfeldes sind im Abstand von jeweils vier Metern völlig erhaltene, zum Teil aber auch nur Reste solcher Öfen zu finden, wogegen sich am unteren Bereich des Hanges massenweise Schlacken befinden, darunter auch solche mit einem Gewicht von bis zu 20 Kilogramm. Die Öfen selbst wurden in den Hang hinein gebaut, um die sogenannten Hangwinde zur Entfachung des Feuers nutzen und dann bei über 1200 Grad das Erz verhütten zu können. Und weil sie in den Hang hinein gebaut wurden, überlebten einige dieser Öfen unbeschadet die Jahrtausende - bis in die heutige Zeit.
Aus all dem wiederum ergibt sich die Gewissheit, dass sich die Kelten dereinst auf heutigem Neuenbürger Stadtgebiet die - wie Dr. Wieland sagte - größte Hightechregion geschaffen hatten.
Gerade was die gefundenen Rennfeueröfen anlangt, ist den Archäologen klar geworden, dass es sich um die ältesten ihrer Art im mitteleuropäischen Raum handelt. Sieben davon wurden bislang untersucht; ein Zwillingsofen ausgegraben. In diesen Öfen wurden mit Holzkohle die rings umher gefundenen - viel später als "Neuenbürger Glasköpfe" weithin bekannt gewordenen - Eisenerze verhüttet. An verschiedenen Stellen in direkter Nähe, aber auch einige hundert Meter entfernt sind noch heute zahlreiche sogenannte "Pingen" zu sehen, also Grabungsstellen, in denen die Kelten die Eisenerze der Erde entnommen haben.
Dr. Wieland: "Nun wissen wir, dass der vorzeitliche Mensch zielgerichtet in den Schwarzwald gekommen ist; nicht um Ackerbau zu betreiben, sondern um Eisenerz zu gewinnen und zu verhütten, um daraus Arbeitsgeräte, Werkzeuge, aber auch Waffen herstellen zu können". Dass das Eisenerz im Neuenbürger Revier von hoher Qualität ist, haben wahrscheinlich nicht nur die Bergleute späterer Epochen, sondern auch schon die Kelten gewusst, denn das Neuenbürger Erz zeichnet sich dadurch aus, dass es sulfitfrei ist und einen hohen Mangangehalt aufweist, welcher stets notwendig war, um einen gut schmiedbaren, wertvollen Stahl herstellen zu können.
Späterer Schlossberg war die Leitzentrale
Diese keltischen Verhüttungsplätze seien - wie Dr. Wieland weiter betonte - gewiss nicht als isoliert anzusehen, denn dazu seien auch Siedlungen notwendig gewesen, und zwar in unmittelbarer Nähe. Doch geleitet worden sei das Ganze wohl vom Schlossberg aus, wo schon frühere archäologische Grabungen Erkenntnisse über die Anwesenheit der Kelten gebracht haben. Nun haben sich die Archäologen zum Ziel gesetzt, mehr über die dazugehörige Siedlung und das eigentliche Leben der Kelten herauszufinden. Unbebaute, wassernahe Plätze im Höhenstadtteil Waldrennach haben sie sich bereits auserkoren. Zwar wurden - vor allem im übrigen Schnaizteichgebiet - schon geomagnetische und andere Messungen vorgenommen, doch wie der weitere Fortgang und Umfang der keltischen Forschungsarbeiten aussehen wird, ist noch nicht bekannt. Zuvor muss die finanzielle Abwicklung geklärt werden. Erst dann kann noch mehr Licht in die graue Vorzeit Neuenbürgs und vor allem Waldrennachs gebracht werden, das ja bekanntlich erst im 12. Jahrhundert nach Christus während des sogenannten Neuenbürger Waldganges besiedelt wurde.
Die Grabungen 1995 und 1996 wurden von einer Stiftung des VAG-Konzerns getragen, dem daran gelegen war, Erkenntnisse über die Eisenverarbeitung der Kelten in Deutschland zu erhalten. Die jetzt noch ein paar Tage laufenden neuerlichen Forschungsgrabungen wurden durch eine Anschubfinanzierung der Stadt Neuenbürg und der "Frischglück"-Arbeitsgemeinschaft Neuenbürger Bergbau. - jeweils 5000 Euro - möglich. Zudem hat sich die Sparkasse Pforzheim Calw bereit erklärt, diese jüngsten Forschungsgrabungen finanziell zu fördern und auch von einem ehemaligen Neuenbürger wurde eine Spende zugesichert. Nun wird die Außenstelle Karlsruhe des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg in engem Schulterschluss mit der Stadt Neuenbürg und der "Frischglück"-ARGE Bergbau bemüht sein, die Forschungen noch mehr voranzubringen, um weitere Erkenntnisse über das Umfeld des keltischen Industriezentrums im oberen Schnaizteich erhalten zu können.
Funde aus der Ottonischer Zeit
Übrigens: Die Grabungen im Schnaizteich brachten noch eine weitere Sensation zutage: Funde aus dem frühen Mittelalter, aus der Epoche der Ottonen, also aus der Zeit von Otto dem Großen, der 900 nach Christus in Rom vom Papst zum Kaiser gekrönt wurde. Neben einem Öfen aus jener Zeit kam auch ein vollständiger Verhüttungs-, also Arbeitsplatz zum Vorschein. Schließlich gehören noch weitere Schlacken- und Keramikfunde aus späteren Jahrhunderten mit zum Ergebnis der jüngsten Forschungsgrabungen. Alles zusammen wird - das lässt sich schon jetzt sagen - zu gegebener Zeit zunächst im Rahmen einer Sonderausstellung und danach an einem noch nicht bestimmten, geeigneten Standort dauerhaft der Öffentlichkeit vor Augen geführt. Schließlich handelt es sich bei dem jetzigen Grabungsergebnis - wie Dr. Günther Wieland sagte - um eine Einzigartigkeit, die auch entsprechend präsentiert, touristisch vermarktet und in Szene gesetzt werden sollte. Also: Eine vielversprechende, gute Perspektive für Neuenbürg!
Nachbau eines keltischen rennofens
Die Arbeitsgruppe des bergwerks neuenbürg hat mit Hilfe namhafter Wissenschaftler einen keltischen Rennofen nachgebaut und befeuert. Die Ergebnisse waren sehr eindrucksvoll und erstaunlich.
Stadt und Schloss
Neuenbürg (Enzkreis / Nordschwarzwald) - Angaben zur Stadt
Neuenbürg mit den drei Stadtteilen Arnbach, Dennach und Waldrennach
Die Stadt Neuenbürg
liegt im Nordschwarzwald (Baden-Württemberg) im Enztal auf etwa 320m Höhe (NN). Mit seinen knapp 8530 Einwohnern (Ende 2023) ist die Stadt vor allem für ihre schöne Lage an der Enz, das Schloss und den ehemaligen Bergbau bekannt. Auch der Anschluss an viele Wanderwege, wie der Schwarzwald-Höhenwanderweg, veranlasst viele Touristen zu einem Besuch. Mit einem Waldanteil von über 75% nimmt die Natur in der Stadt eine bedeutende Rolle ein!
Schloss Neuenbürg
Das Neuenbürger Schloß ist auf jeden Fall auch einen Besuch wert. Im Schloß befindet sich ein Erlebnis-Museum, in dem nicht nur interessante Ausstellungen sind, sondern es auch die Geschichte "Das Kalte Herz" und vieles mehr zu sehen gibt.
Im Schloß finden auch immer wieder Kulturveranstaltungen statt und das zugehörige Schloss-Restaurant bietet eine gemütliche Atmosphäre.